Wie du die Vergangenheit ändern kannst

Die Vergangenheit ändern oder die Vergangenheit ruhen lassen

 

Warum fällt es vielen Menschen so schwer, Verletzungen aus der Vergangenheit zu überwinden? Warum kratzen sie sich ihre Wunden immer wieder auf? Ist das nicht völlig sinnlos? Nein. Denn unverarbeitete Konflikte gären oder schwelen unter der Oberfläche weiter und suchen sich irgendwelche Wege, um sich bemerkbar zu machen. Das geht manchmal so weit, dass körperliche Symptome auftauchen, die sich kein Arzt erklären kann.

 

 

Die Heilung liegt da, wo der Schmerz liegt

 

 

Daher ist es wirklich gut, sich unangenehme Konflikte frühzeitig vorzuknöpfen. Sie müssen ans Licht geholt werden, denn vorher geben sie ja doch keine Ruhe. Dann schauen wir das kleine Biest von allen Seiten aufmerksam an und wenn wir den Fehler nicht finden, kauen wir sie so lange durch, walken oder kneten sie, bis wir analysiert haben, warum sie uns so weh tun. Dazu müssen wir den Schmerz zwar noch einmal oder zur Not auch öfter spüren, aber mit liebevoller Begleitung verschwinden sie und wir vergessen alles oder kleine Rest bleiben, die verschrumpeln, wie eine alte Kartoffel oder Katzenkot. Die legen wir dann gedanklich in eine Box, machen eine Schleife drum und stellen sie in in eines der vielen Regale in unserem Lebensarchiv.

 

Schmerzvollen Erinnerungen wegarchivieren

 

Vielleicht lagern wir sie unter „Schlimme Sachen, „Dumm gelaufen“, „Griff ins Klo“, „Übel mitgespielt“ oder „Verdammtes Pech“. Dort liegen die unverdaulichen Brocken unserer Vergangenheit rum und mumifizieren vor sich hin. Manchmal sehen wir die Box und erinnern uns: „Ach ja, das war damals als ich diesen fürchterlichen Flop gelandet habe“ oder „na, du kleiner Scheißhaufen von damals als ich durch das Staatsexamen gefallen bin...“, wir tippen an die Box und gehen einfach weiter. Nichts kann passieren, wir gehen vorbei und lassen die Box lächelnd hinter uns. Sie liegt für immer in unsrem Lebensarchiv, aber da richtet sie keinen Schaden an.

 

 

Mumifiziertes Pech ist völlig ungefährlich

 

 

Doch manchmal stelle ich fest, dass meine Klienten doch nicht loslassen können. Sie streben immer wieder zu dem Regal und werden gar nicht müde, immer die selben Deckel anzuheben und ihre kleinen schrumpeligen Kotbrocken herauszunehmen. Doch jedes Mal versuchen sie zu beweisen, dass das gar nicht ihre stinkenden Probleme sind, sondern sie versuchen, sie jemand anderem ins Lebensregal zu packen. Aber das funktioniert nicht. Wie durch ein Wunder liegen sie nach einer Weile wieder in ihrem eigenen Regal und das Spiel geht von vorne los. Sie können die Vergangenheit einfach nicht loslassen. Manchmal sieht es so aus, als hätten sie sogar Spaß daran, als zögen sie irgendeine geheimnisvolle Energie aus dem Konflikt. Sie erwarten, dass alle Welt anerkennt, dass die Schuld bei anderen liegt. Und sie bequatschen jeden, der nicht bei drei auf dem Baum ist, mit ihrer Sicht der Dinge und erwarten deren Zustimmung. Wenn sie diese Zustimmung erhalten, fühlen sie für einige Stunden Ruhe, also suchen sie immer wieder diese Zustimmung, um immer mal wieder für eine Weile Ruhe zu haben.

 

 

Die rote Schleife fehlt

 

 

Das ginge ewig so weiter, denn es finden sich immer neue Gesprächspartner, die ihnen bestätigen, dass sie unschuldig sind und so lange lassen sie ihre Vergangenheit nicht los, obwohl sie sie nicht verändern können. Das einzige, was sie ändern können, ist ihre EIGENE SICHT AUF DIE DINGE. Und erst, wenn sie dazu bereit sind und auch über sich selbst ein anderes Urteil fällen können als bisher, dann löst sich der Konflikt auf. Ein Eingeständnis, wie „ich habe einen großen Fehler gemacht, damals wusste ich es nicht besser, aber heute sehe ich, dass es falsch war, es tut mir leid und ich bitte um Entschuldigung“ ist die Lösung. Und obwohl nur sie selbst (und die Therapeutin) dies hören, passiert eine großartige Wandlung: Gefühle von Schuld und Scham verschwinden. Vielleicht nicht sofort, sondern erst nach und nach. Aber es passiert und sie können die Vergangenheit loslassen. „Und was ist, wenn wir einen unverzeihlichen Fehler machen?“ höre ich öfter. Mach dir keine Sorgen, ob andere dir verzeihen. Wichtig ist, dass du dir verzeihst. Deine aufrichtige Vergebung dir selbst gegenüber symbolisiert die rote Schleife, die du um das Paket wickelst, damit es für immer in Frieden in deinem Lebensregal ruhen kann.

 

 

Klingt nach Jesus

 

 

Manchen kommt das irgendwie bekannt vor: Jesus liebt dich, er verzeiht dir alles und so weiter...? Das mag ich am Neuen Testament: viele Botschaften wirken psychotherapeutisch und wir können sie heute  immer noch gut gebrauchen. Doch während Gläubigen der Gedanke, dass Gott ihnen ihre Schuld vergibt oder der Pfarrer ihnen nach der Beichte die Absolution erteilt, hilft, finden alle anderen erst Frieden, wenn sie sich selbst ihre eigenen, ganz persönlichen Fehler bewusst gemacht haben und sie sich selbst verzeihen konnten.

 

Und wie auch wir vergeben...

 

Trotzdem gibt es immer noch wirklich schlimme Fälle, bei denen wir uns wirklich nichts zu vergeben haben, weil wir aus tragischen Gründen in die Opferrolle geraten sind. Und auch hier sind sich Psychotherapie, Christentum und Buddhismus einig: Du findest Frieden, wenn es dir gelingt, deinen Schuldigern zu vergeben. Auch, wenn sie gar nicht um Vergebung, Entschuldigung oder Verzeihung gebeten haben.

 

Wenn du merkst, dass du die Vergangenheit ums Verrecken nicht loslassen kannst, übe zuerst, deinen eigenen Fehler aufzuspüren und ihn dir zu verzeihen oder - wenn du das Opfer warst -  versuchst du, den Missetätern zu verzeihen. Der Schmerz lässt mit jedem Mal nach und ist eines Tages weg.

 

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