Burnout ist Chefsache

Burnout ist nicht nur dein problem, sondern auch das deiner Vorgesetzten. Managementseminare für Führungskräfte. Dr. Ariane Windhorst, Kommunikationstrainerin und Heilpraktikerin für Psychotherapie

Warum Psychotherapie bei burnout nicht so wichtig ist

Dauerbrenner Burnout: Viele Betroffene landen beim Psychotherapeuten und versuchen krampfhaft, schnell wieder gesund zu werden. Aber das allein reicht nicht. Die krankmachende Arbeitswelt muss sich grundlegend ändern.

 

Zurück in das System, das einen krank gemacht hat

 

Mir gehen die vielen Stressbewältigungs-Ratgeber auf die Nerven, denn sie fördern die Illusion, dass die Verantwortung für Burnout allein bei den Arbeitnehmern liegt.  Dabei wird es höchste Zeit, dass Vorgesetzte lernen, wie sie langfristig ein gesundes Betriebsklima herstellen.

 

Ich ärgere mich auch über die klassischen Burnout-Reha-Maßnahmen: Innerhalb von sechs bis acht Wochen werden die Ausgebrannten wieder aufgepäppelt und zurückgeschickt in original das selbe System, das sie krank gemacht hat. Psychotherapie bei Burnout ist eine Sisyphusarbeit, wenn sich nicht gleichzeitig auch in der beruflichen Situation der Betroffenen etwas ändert. Gäbe es nicht so viele Burnout-Opfer, die oft jahrelang an ihrer Genesung arbeiten, hätten Psychotherapeuten und Heilpraktiker für Psychotherapie deutlich mehr Freizeit. Aber das ist m.E. Symptombekämpfung, wir sollten endlich massiv die Ursachen angehen: Denn Burnout ist zuallererst ein Führungsproblem. 

 

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist mehr als an apple a day

 

Im Privatleben können Menschen ihre Belastungen weitgehend selbst steuern, aber im Job nicht. Deshalb liegt die Ursache für Burnout im Berufsleben. Die vermehrte Einsatz von BGM in Unternehmen zeigt zumindest, dass immer mehr Unternehmenslenker erkennen, dass auch sie etwas für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter tun müssen. Krankheitstage sind reichlich teuer, ebenso, immer wieder neue, unverbrauchte Mitarbeiter zu finden. Da haben sich viele Controller ausgerechnet, dass es billiger ist, in die Gesunderhaltung zu investieren. Seit 2012 gibt es sogar eine entsprechende DIN Norm für Betriebliches Gesundheitsmanagement und es ist ein gutes Zeichen, wenn Betriebe sich bemühen, dieses Zertifikat zu erhalten. 

 

Dennoch haben viele immer noch nicht verstanden, wie Burnout entsteht und so gerät deren selbstgebasteltes Gesundheitsmanagement gerne mal zur Farce: Einige besonders nette Kollegen machen eine Fortbildung zum Betrieblichen Gesundheitsmanager und anschließend werden neue Bürostühle gekauft, das Kantinenessen wird um eine vegetarische Mahlzeit ergänzt und am Empfang steht einmal im Monat ein Früchtekorb. Solche Nettigkeiten hat man sich bei den US-Hightechfirmen abgeschaut, die ihre Mitarbeiter davon abhalten wollen, zur Konkurrenz abzuwandern. Dabei wird im deutschen Mittelstand erstens vergessen, dass die Vorzeigeunternehmen im Silicon Valley von vorn herein schon Spitzengehälter zahlen und zweitens, dass den IT-High Potentials dort von Anfang an klar ist, dass sie willkommen sind, dass sie eine wichtige Aufgabe haben und dass man sie unbedingt behalten möchte. Da sind Tischtennisturniere während der Arbeitszeit ein Resultat und kein Zugeständnis. 

 

Massagen helfen nicht gegen Burnout, sie bekämpfen nur das Symptom, wenn überhaupt

 

Ich begrüße ergonomisch vernünftig gestaltete Arbeitsumgebungen, Gratisobst und jede Art von Massagen! Aber das hält einen Burnout nicht auf. Burnout entsteht, wie man inzwischen weiß durch chronischen Stress und mangelnde Anerkennung (wer sich dafür interessiert, wie Burnout genau entsteht, klickt hier) und beides ist ein Zeichen für eine miserable Unternehmenskultur.

 

Der Fisch der alten Schule stinkt vom Kopf her

 

Durch fleißiges Überstrapazieren der Begriffe "Teamgeist" und "Flexibilität" und "Belastbarkeit" sind sie im Kampf um einen sicheren Arbeitsplatz inzwischen zu Euphemismen verkommen für Aufopferungsbereitschaft mit Aussicht auf Entfristung. Um ein gesundes Arbeitsklima zu schaffen, muss die Geschäftsführung ihren leitenden Angestellten klarmachen, dass sie genau das verlangt: Ein gesundes Arbeitsklima. Und die messbaren Kennzahlen sind dementsprechend niedrige Krankenstandsraten, geringe Fluktuation und gute Umfragewerte bei der selbstverständlich einmal pro Quartal stattfindenden Mitarbeiterumfrage.

 

Ein Unternehmens-Kulturwandel muss her: R.E.S.P.E.K.T.

 

Führungskräfte werden am Jahresende akzeptieren, dass es ihre Schuld ist, wenn der Krankenstand und die Fluktuation ein normales Maß überschreiten. Und am besten streicht man ihre Boni analog in dem Maß, wie diese Werte vom Ideal abweichen. Und Gegenargumente, wie "Die Mitarbeiter werden uns auf der Nase herumtanzen, wenn wir sie nicht bis an ihre Leistungsgrenzen fordern", gehören in die selbe Mottenkiste, in der bereits "Die Erde ist eine Scheibe", "Du wolltest es doch auch" und "Tiere haben keine Seele" liegen.

 

Studienergebnisse kommen zu dem Schluss, dass Wertschätzung und Anerkennung der Mitarbeiter in ihrer Rolle als MITMENSCHEN der Schlüssel zur Gesundheit sind (siehe Zufriedenheitsstudie). Führungkräfte alter Schule müssen dringend damit aufhören, durch Geringschätzung und steigenden Leistungsdruck weiterhin angstgetriebene Arbeitszombies zu erschaffen und stattdessen lernen, die körperliche und mentale Gesundheit ihrer Mitarbeiter als hohes Gut zu begreifen, das es zu erhalten und zu verbessern gilt. Dies erreichen sie, wenn Sie den Mitarbeitern Respekt und Wertschätzung entgegen bringen, ihnen bewältigbare Aufgaben übertragen und insgesamt deutlich besser kommunizieren. Kurz: durch FÜHRUNGSKOMPETENZ.

 

Kommunikation bedeutet, eine Beziehung aufzubauen

 

Gute Führung ist ohne kluge Kommunikation unmöglich, aber ich bin der festen Überzeugung, dass das Üben von Ich-Botschaften und Formulierungen gewaltfreier Kommunikation in Managementseminaren allein noch nicht reichen. Erfahrungsgemäß ergibt sich eine gesunde Führung von ganz allein, wenn eine Unternehmensphilosophie entsteht, die auf humanistischen Werten, Respekt und Freundlichkeit beruht. Soweit die Theorie.

 

In der Praxis gibt es die Fächer "vernünftige Aufgabenverteilung", "Lob und Anerkennung" und "proaktive Gehaltserhöhung" in der Chefausbildung nicht. Das müssen viele Vorgesetzte erst lernen. Leider kommen sich viele Führungskräfte der alten Schule wie Deppen vor, wenn sie jemanden loben oder ohne Nachfrage eine Gehaltserhöhung anbieten. Ich frage mich, wer ihnen beigebracht hat, dass es ein Zeichen von Schwäche, Verschwendung und Idiotie wäre, dies zu tun?

 

Die Führungskräfte sollten stattdessen eine Unternehmenskultur gestalten, in der Werte wie Respekt, Kollegialität und Freundlichkeit vorherrschen. Diese stellen sich automatisch ein, wenn die Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen. Wer das beherrscht, dem bleiben die Mitarbeiter auch in Krisenzeiten treu, sie sind dann sogar bereit, mehr zu arbeiten und weniger zu verdienen. Weil etwas Unbezahlbares gedeihen konnte: Loyalität. Und wann fühlen sich Mitarbeiter ihrem Unternehmen gegenüber verpflichtet? Wenn das Unternehmen zuvor gezeigt hat, dass es sich ihnen gegenüber verpflichtet fühlt. Ganz einfach. 

 

Managementseminare für gesunde Führung: Don't ask what your employees can do for you...

 

Gute Führungskräfte wissen, dass sie manche Mitarbeiter enger führen müssen und andere lockerer. Sie erkennen den Unterschied zwischen einem, der sehr viel kann und allergisch auf Kontrolle und Steuerung reagiert und einem, der dankbar ist für Anleitung, Schützenhilfe und einer eng getakteten Statusabfrage ("Kommst du klar?" Kann ich helfen?)

 

Außerdem wissen sie, wie es auf erwachsene, intelligente Mitarbeiter wirkt, wenn sie morgen als erste kommen und als letzte gehen und registrieren, wer wann erscheint und verschwindet und zwischendurch noch die Minuten checken, die ihre Mitarbeiter in der Pause oder auf dem Klo verbringen. Stattdessen leben eine kluge, erwachsene Work-/Life Balance vor, bei der sie selbst pünktlich Feierabend machen, ihren Partnern in Haushalt und bei der Familienarbeit helfen, Hobbys haben, Kultur und Natur genießen - und ihre gute Laune an den Mitarbeitern auslassen.

 

Aber auch Führungskräfte sind Burnout gefährdet

 

Interessant ist auch der Aspekt, dass Führungskraft ganz besonders gut Acht geben sollten, um nicht selbst einen Burnout zu erleiden. Das wird gerne vergessen. Es kann sich keine gesunde Unternehmenskultur entwickeln, wenn die Führungskräfte unter Dauerstress stehen.  (Wie sich jeder selbst helfen kann, um einen Burnout zu vermeiden, kann man hier nachlesen.) Während Mitarbeiter ein Recht darauf haben dass ihre Vorgesetzten die Verantwortung für die Gesunderhaltung am Arbeitsplatz übernehmen, haben Chefinnen und Chefs dieses Recht nicht. Sie müssen für sich selbst sorgen. Und das können sie auch, weil sie Gestaltungsfreiräume haben. Außerdem könnten sie sich selbst Managementseminare für GESUNDE Führung bewilligen. 

 

Das ist kein idealismus, sondern eine betriebswirtschaftlich und volkswirtschaftlich außerordentlich vernünftige Strategie.

 

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