Weil so viele Jobs durch Digitalisierung auf der Kippe stehen, interessieren sich immer mehr Bürger für die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens, bzw. für das sogenannte Solidarische Grundeinkommen oder das Prinzip der Negativen Einkommensteuer.
In der Zeitung Die Welt berichtete Autor Tobias Kaiser vor einigen Tagen über
verschiedene Studien, die untersuchten, wie viele Bürger ihren Arbeitsplatz verlieren, weil sie durch Künstliche Intelligenz und Automatisierung ersetzt werden. Die Quote in Deutschland würde
besonders hoch sein, weil deutsche Jobs weniger soziale Intelligenz als ähnliche Berufe in anderen Ländern erforderten, zitiert der Autor eine Studienleiterin.
Das allein ist schon hochinteressant, denn sie haben herausgefunden, dass beispielsweise in Skandinavien viele gleichlautende Jobs
anders gestaltet werden als in Deutschland: sie sind dort viel komplexer und erfordern mehr Interaktion, während man bei
uns nur auf kleine Kompetenzbereiche mit geringem Handlungsspielaum ausgerichtet ist, genauso wie es Algorhytmen und Roboter lieben. Kurz: wenn man ein Lehrerdasein nur auf den Frontalunterricht
reduziert, dann ist es leicht durch MOOC-Videos oder Serious Games am Tablet ersetzbar. Noch dramatischer schildern es Thomas Druyen in der ZEIT und Ayad Akhtar in der FAZ.
Ich bin nicht gegen Digitalisierung und Automatisierung, ich bin nur gegen Verarmung
Der andere wichtige Aspekt ist der, wie super die Kampagne zum Bedingungslosen Grundeinkommen läuft. Es ist kaum mehr die Rede von den Faulenzern, die sich auf Staatskosten die Brathähnchen in den Mund schieben und das Gejammer, wer denn die Drecksarbeit machen soll, wenn es keine Leute mehr gibt, die es nötig haben, sich so weit herabzulassen, verebbt.
Vielmehr lesen wir immer öfter Berichte, die nachdenklich machen - und jeder von uns fragt sich inzwischen langsam selbst, bin ich eigentlich wirklich unersetzlich? Und es gibt immer mehr Berichte, die ernsthaft überzeugend die Vorteile des Bedingungslosen Grundeinkommens erklären für all diejenigen, die demnächst ihren Job verlieren könnten, wenn die Chancen der Digitalisierung tatsächlich eines Tages alle verwirklicht werden.
Die Flüchtlingsdebatte bekam ja bisher immer wieder deshalb Anschub, weil so viele Menschen bewusst oder unbewusst von Abstiegsangst geplagt sind. Trotz Wirtschaftsaufschwung und annähernd Vollbeschäftigung nicht unbegründet, wie wir lernen müssen. Und ich habe den Verdacht, dass das Bedingungslose Grundeinkommen deshalb in der Öffentlichkeit immer wohlwollender diskutiert wird, weil es im Interesse der Wirtschaft ist.
Das Bedingingslose Grundeinkommen ist auch ökonomisch sinnvoll
Jeder weiß, dass durch die Digitalisierung auch viele neue Jobs entstehen und dass es wichtig ist, gute Preise z.B. durch geringe Lohnkosten zu
ermöglichen. Die Entwicklung hin zum Enterprise 5.0 lässt sich nicht aufhalten und wenn wir bei Enterprise 6.0 sind, werden haufenweise herkömmliche Jobs für Leute, die nicht programmieren
können, wegfallen. Immer öfter hören wir, dass Programmieren Pflichtfach im Schulunterricht werden soll. Nur dann hätten unsere Enkel eine Chance im Arbeitsmarkt der Zukunft.
Oja, ganz was Neues. Wie dankbar bin ich doch, dass ich damals Pascal lernen durfte. Es hat ja so viel gebracht. Wohingegen vieles immernoch im
Schulunterricht fehlt, das auch Gymnasiasten zum Überleben in dieser Gesellschaft gebrauchen könnten. Mein Liebslingfach ist immer noch nicht eingeführt worden, dabei wird es immer wichtiger:
TISCHMANIEREN! Aber ich schweife ab.
Hältst du dich für unersetzlich?
Ich bin zum Beispiel nicht unersetzbar. An einigen Forschungsinstituten werden längst Psychotherapeuten-Avatare eingesetzt und es stellt sich heraus, dass sie mit Patienten, die unter PTBS leiden, gute Erfolge erzielen: Betroffene Soldaten berichten, dass es ihnen leichter fällt, mit den künstlichen Therapeuten über ihre schlimmsten Alpträume zu sprechen, als mit einem echten Menschen, also jemandem, von dem sie wissen, dass sie ihn auch im Supermarkt treffen könnten.
Auch deutsche Krankenkassen bieten ihren Versicherten bereits längst spezielle Programme an, die sie online bei der Bewältigung ihrer Depressionen unterstützen sollen. Das ist die logische Kosequenz: es gibt viel zu wenig kassenärztlich zugelassene Psychotherapeuten und ehe man die Heilpraktiker für Psychotherapie heranzieht, versucht man lieber die Patienten mit Computerprogrammen zu beschäftigen, das ist billiger und die Ärzte geben Ruhe.
Denn die Ärztelobby reagiert ja hysterisch auf Pläne, auch Heilpraktikerleistungen von den Krankenkassen erstatten zu lassen. Halbgötterdämmerung. Wo kämen wir denn hin, wenn die Patienten sich plötzlich leichter den alternativen Heilverfahren zuwenden könnten, weil sie die Kosten für Heilpraktikerkonsultationen nicht mehr selbst aufbringen müssten? Immer mehr Mediziner setzen selbst auf Naturheilkunde und Homöopathie, weil sie erkennen, wo die Schwächen der Schulmedizin liegen. Und im psychotherapeutischen Bereich könnten Heilpraktiker für Psychotherapie die gigantischen Warteschlangen verkürzen, aber bisher ist das nur eine Alternative für Besserverdiener. Doch ich schweife schon wieder ab.
Auch Kunst kann nachgestellt werden
Neulich sah ich einen Bericht über einen Roboter mit Silikonbrüsten und Langhaarperücke, der schon sehr gut die menschliche Physiognomie nachahmen kann. Er kostet zwei Mio Dollar und auf die Frage, wo man ihn später einsetzen könnte, antwortete der Forscher: "sie könnte als Schauspielerin eingesetzt werden".
Super, Schauspieler sind ja auch wirklich schwer zu kriegen... Die Arbeit ist ja auch viel zu schwer und zu gefährlich für die Gesundheit. Sie
werden für Computerspiele sowieso längst durch Avatare ersetzt und demnächst also auch auf der Bühne. Check.
Journalisten können toll recherchieren und wunderschön schreiben. Das kann ein Computer sicher nicht ersetzen. Doch, doch: seit Langem können
Computerprogramme schon Sportberichte verfassen, wenn sie mit den Ergbnissen und einigen Highlights des Spiels gefüttert werden und in Doppelblindtests kam heraus, dass Studenten diejenigen
besser fanden, die automatisch fabriziert worden sind, als die der menschlichen Reporter.
Nicht nur Hiwi-Jobs werden ersetzt, auch bestens ausgebildete Spezialisten
Wer ist nicht ersetzbar? Ich denke mal, Friseure werden übrig bleiben. Oder wir werden wie in Nordkorea zu Einheitsfrisuren
verpflichtet. Sind Manager ersetzbar? Manager treffen hochkomplexe Entscheidungen, das ist sicher sehr schwer zu automatisieren. "Nein", antworten Börsenmakler und Banker. Und Ärzte? Welcher
Roboter kann schon was eine Ärztin kann? Hm, erstens gibt es gibt ja die Telemedizin: d.h. eine Koryphäe in Garmisch-Partenkirchen erhält alle Daten einer Patientin im Oman und gibt dem Ärzteteam
vor Ort per Videochat Anweisungen und zweitens wird nicht mehr lange dauern, bis sie per VR-Technologie ein Operationsbesteck in Bayern bewegt und sich in Echtzeit die skalpell- und
tupferbestückten Roboterarme im Bauch der erkrankten Sheika bewegen. Drittens: Patienten machen sich selbst im Internet medizinisch schlau und dadurch
verschiebt sich, viertens, der Wert guter Schulmedizin auf ärztliche Virtuosität bei
der akuten Symptombekämpfung in Notfällen. Die Felder Ursachenbekämpfung und Salutogenese bleiben medizinisch hingegen
unbeackert. Dieser Komplex verselbständigte sich und wurde Dank Internet zu einem neuen boomenden Wirtschaftszweig: Naturheilmittel und Nahrungsergänzungsmittel verschreiben sich die Geplagten
nach ihrer Internetrecherche selbst und zur Not bestellen sie sich die Arzneien und Substanzen, die in Deutschland nicht zugelassen sind, eben im Ausland. Danke,
Globalisierung.
Lieber Künstliche Intelligenz als menschliches Versagen
Durch Roboter und KI wird sich unser Alltag weiter verbessern. Mein Lieblingsbeispiel ist ja der Altenpflegeroboter: Ich ziehe es vor, eines Tages von einem elektrischen Kraftpaket in die Wanne gehoben zu werden, das mir mit sanfter Stimme melodiös mitteilt, dass ich wieder 500 Gramm zugenommen habe seit der letzen Hochhebung. Gleichzeitig überwacht es meinen Blutdruck und stellt anhand einer Atem- und Irisanalysiere fest, was mir aktuell fehlt und macht Vorschläge, wie die menschlichen Altenpfleger meinen Speiseplan und meine Medikation umstellen sollten. Dagegen gefällt mir der Gedanke nicht so gut, dass mich eine überarbeitete Altenpflegerin im Flur abstellt, weil sie in der Stunde noch 40 weitere Patienten zu versorgen hat. Danke, demographischer Wandel.
Richtig wäre: Die bestens ausgebildeten menschlichen Altenpfleger kümmern sich in Ruhe um die zahllosen anderen Bedürfnisse der Alten kümmern
und kontrollieren die Roboterarbeit regelmäßig - und dafür müssen sie zwingend adäquat bezahlt werden.
Ein freundlicher Roboter kann besser sein
Viele Altenpfleger berichten von Senioren, die sie schlechtgelaunt bis despotisch herumkommandieren und Patienten widerum von sadistischen Pflegern, die ihren Frust an den wehrlosen Greisen auslassen. Da ist das Zwischenmenschliche das Problem und ein liebevoll programmierter Roboter könnte die Lösung sein.
Ich glaube auch, dass Fast Food nicht nur deshalb solchen Erfolg hat, weil es billiger ist, sondern weil viele Leute es vorziehen, keinen Kellner um Bedienung bitten zu müssen.
Gespräche mit komischen Bankangestellten können, wenn es z.B. um Kredite geht, sehr unangenehm sein. Da ist es Vielen lieber, ein Formular
auszufüllen, Dokumente und Belege upzuloaden und das Ergebnis der Kreditprüfung per E-Mail mitgeteilt zu bekommen. Kurz danach erscheint das Darlehen auf dem Konto - oder eben nicht. Sie müssen
sich nicht der Demütigung aussetzen, von einer anderen Person abgeschätzt zu werden.
Es sind nicht nur die geldgierigen Industriebosse, die jubilierend Stellen abbauen, um den Shareholder Value zu bedienen. Es ist jeder
einzelne von uns Verbrauchern, der darauf verzichtet, sich von Fachleuten unterstützen zu lassen. Wir buchen unsere Reisen nicht mehr im Reisebüro, sondern stitzen stundenlang in unserer Freizeit
am Computer und machen das selbst, weil wir Geld sparen wollen. Das Reisebüro ist nicht einmal teurer, denn die Reisebüros
erhalten ihre Vermittlungsprovision von den Fluggesellschaften und Reiseveranstaltern. Was sparen wir denn wirklich, wenn wir bedenken, dass Zeit auch Geld ist? Oder gönnen wir der
Reisebürokauffrau ihren Verdienst nicht?
Antibiotika und Antidepressiva kann jeder
Die Technologien haben sehr viele Vorteile und machen vieles billiger, aber jeden Vorteil bezahlen wir woanders mit einem Nachteil.
Ich muss beispielsweise meine Scheibe nicht mehr selber herunterkrubeln. Ich kann aber auch seit einigen Jahren nicht mehr die Scheinwerferglühbirne selber auswechseln, sondern muss dafür
in eine Werkstatt fahren. Die Autos sind immer komfortabler geworden, aber auch schwerer und dadurch verbrauchen sie mehr Treibstoff und es ist schwieriger, sie zu reparieren. Dafür brauchen wir
wieder neue, besser ausgebildete Fachleute, das schafft wieder Arbeitsplätze. Und das finde ich auch gut, aber ich finde es nicht gut, dass ich in diesem Zeitalter zu ungebildet bin, um eine
Glühbirne auszuwechseln. Das ist doch keine vernünftige Entwicklung, wieso machen wir da mit? Die Kirche muss wieder ins Dorf.
Auf Plastik im Meer oder die Entwicklungen der Lebensmitteltechnologie gehe ich jetzt nicht ein, auch nicht auf Massentierhaltung
und Antibiotikaresistenzen, also die perversesten Auswüchse unserer Fortschrittsgläubigkeit, Faulheit und Zeitnot, um nicht abzuschweifen. Hm. Doch: ich stelle fest, dass Schulmediziner ihren
Patienten ohne eingehende Laboruntersuchungen und ohne eingehende Anamnese sehr schnell sehr gerne Antibiotika und Antidepressiva verschreiben. Und es ist kein Einzelfall, das
Antidepressiva-Rezepte dann über Jahre hinweg nur verlängert werden. Ich sehe nicht ein, dass man für solche Praktiken ein Medizinstudium braucht. Das kann auch ein Rezeptroboter. Oder wieso
pieken wir uns nicht mit einem Blutanalysgerät das die Werte online in ein Rechenzentrum übermittelt,
das sie wiederum in Echtzeit analysiert und das Ergebnis als Rezept als QR-Code an die Apotheke sendet,
wo der elektrische Apotheker eine Drohne mit dem Medikament bestückt, die zu mir fliegt, meine Iris scannt, um festzustellen, dass ich die berechtigte Empfängerin bin und
basta?
Für jede kleine oder große automatische Bequemlichkeit stirbt irgendwo ein Arbeitsplatz
Und was hat das alles mit der Grundeinkommen-Kampagne zu tun? Die Politik und die Industrie wissen, dass die Zahl der Arbeitsosen bald wieder steigen wird und jetzt rechne mal aus, was du an Arbeitlosenhilfe, Kindergeld und Zusatzleistungen erhalten würdest, inklusive Miete, Krankenversicherung und neuer Waschmaschine bei Bedarf, wenn du langzeitarbeitslos wärst. So - und jetzt überleg mal, ob du das alles 1000 EUR Grundeinkommen bezahlen könntest.
Na? Hartz IV sichert nur das schiere Überleben, nicht das Leben.
Wir müssen also gar nicht mehr über das Grundeinkommen diskutieren, sondern über dessen Höhe: Wieviel ist nötig, um in einer Großstadt
menschenwürdig leben und noch an den Errungenschaften unserer Kultur teilhaben zu können? Damit ist ein Einzimmerapartement gemeint, einschließlich Wasser- und Energiekosten,
Krankenversicherung, ein Computer, Internetzugang, Streamingdienste, gesunde Ernährung, Kleidung inkl. Wintermantel und -stiefel, ÖNPN-Fahrkarten, Sport, Kino, Konzerte, Freunde treffen, Geburtstagsfeiern und was auch immer zu einem menschenwürdigen Dasein in unserer hochzivilisierten Gesellschaft dazugehört. Wir sprechen nicht vom Mindeststandard oder
Existenzminimum, wir sprechen von würdiger Teilhabe am gesellschaftlichen Miteinander. Wo ist die Grenze? Bei Weiterbildungskursen? Beim Friseur? Bei einer Waschmaschine?
Dolce Vita?
Wer mehr will, also z.B. ein Auto, Urlaubsreisen, Designerklamotten, Nagelstudio, I Phone etc., der muss halt etwas dazuverdienen. Und wer eh schon viel verdient und das Grundeinkommen gar nicht bräuchte, kann es ja spenden. Es wird eh bei der Einkommenststuer berücksichtigt.
Jedem ein Grundeinkommen auszuzahlen ist immer noch billiger als Hartz IV mit seinem bürokratischen Mehraufwand. Allerdings werden auch zahlreiche Angestellte der Arbeitsagenturen und verwandten Behörden arbeitslos. Nicht schlimm: Ihr könntet menschenwürdig leben, ohne Euch und Eure Bedürfnisse von Euresgleichen bewerten und sanktionieren lassen zu müssen.
Was ist mit den Kindern?
Auch wenn jedes Kind 1000 EUR schon bei der Geburt monatlich vom Staat aufs Elternkonto erhielte, kommt uns dies immernoch wesentlich billiger. Und stellt Euch vor, wie attraktiv Kinderkriegen plötzlich wäre... Welcome, demographischer Wandel!
Glaubt Ihr nicht? Für 2016 betrugen die Sozialleistungen in Deutschland insgesamt 918 Mrd. Euro. Da sind die Gehälter für die Mitarbeiter der Arbeitsagenturen und der anderen Behörden
noch gar nicht mit eingerechnet. Wenn der Staat also einfach jedem Bundesbürger 1000 Euro pauschal auszahlte, wären das 80 Mio Bürger mal 1000 Euro gleich 80.000.000.000 Euro, also 80 Milliarden
Euro. Also weniger als ein Zehntel. Wir sollten deshalb lieber über 2000 EUR steuerfreies Grundeinkommen sprechen, dann wird ein lebenswerter Schuh draus und der Staat hat immernoch viel Geld
gespart.
Altersarmut beseitigt, strukturschwache Gebiete blühen auf, Burnout adé, Kinderkriegen lohnt sich wieder und wir würden lernen, jemanden nicht mehr
nach seinem Einkommen wertzuschätzen, sondern nach seinem Benehmen.
Hättet Ihr in der Schule Pascal gelernt, wüsstet Ihr das auch ;-)
Wie immer gilt: hier werden Klischees behandelt und selbstverständlich bestätigen viele prachtvolle Ausnahmen die
Regel.
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