Lerne, dein unperfektes Leben zu genießen

Abschied vom OptimierungswaHn

Theodor W. Adornos berühmter Aphorismus entstand vor einem dramatischem Hintergrund, nämlich nach seiner Emigration aus dem Terrorregime in Deutschland in das freie Gesellschaftssystem in den USA, das sich aber auch falsch für ihn anfühlte. Ein "schiefes Lebensgefühl" kann jeder jederzeit haben.

 

Dieses Gefühl, dass einem alles völlig falsch vorkommt, obwohl  es einem gut geht, kennen auch heute Viele. Es ist nicht so sehr der Weltschmerz, der das ganze Dasein überschattet, sondern es sind lauter kleine Fehler, die verhindern, dass man das Leben genießen kann.

 

Kommt dir das bekannt vor: "Es ist noch nicht ganz perfekt. Erst wenn es erst perfekt ist, dann kann ich aufhören, daran zu arbeiten und anfangen, zu leben"?

 

Diese Unfertigen, unperfekten Dinge quälen dich wie Steine im Schuh?

 

Ich beobachte besonders bei jungen Frauen die Neigung, sich ununterbrochen selbst in Frage stellen. Sie erlangen nie einen Zustand von Zufriedenheit, geschweige denn echte, fröhliche Glücksmomente.

 

Sie sind nicht in der Lage, sich mit 80%igen Resultaten zufrieden zu geben. Die fehlenden 20 Prozent bis zur Perfektion treiben sie ins Unglück und manche reiben sich für die fehlenden 20 Prozent so sehr auf, dass sie krank werden.

 

Heute geht es wieder nicht um die pathologischen Fälle, nicht um Zwangsstörungen oder Persönlichkeitsstörungen, sondern darum, GESUND ZU BLEIBEN.

 

Bei anderen Menschen beobachte ich wiederum, dass sie auch 50% Leistung schon für gut genug halten, sodass sie zufrieden sind mit sich und der Welt und abends gemütlich einen heben gehen, ohne sich Sorgen zu machen. Die Faulen haben es immerhin zu einhundert Prozent geschafft, sich nicht kaputt zu machen und sind stolz darauf, dass sie keiner beim Faulenzen erwischt hat.

 

Die Goldene Mitte liegt nicht bei 50 Prozent Leistung

 

Faulheit kann auch als solche benannt werden. Faule, bequeme oder opportunistische Personen haben den Begriff "Pflicherfüllung" nicht ganz richtig verstanden.

 

Faulheit - Pflichterfüllung- Perfektionismus

 

Wenn ich eine Verpflichtung eingehe, also eine Arbeit zusage, dann muss ich dafür auch 100% Leistung geben, dafür werde ich schließlich 100%ig bezahlt. Jeder Mensch hat seine Arbeitszeit, in der er sich gemäß seiner Fähigkeiten und Talente zu 100% Mühe geben soll. Das ist ein so genannter Leistungsvertrag. Und um jeden Tag acht Stunden lang 100%ig leistungsfähig zu sein, muss man gesund bleiben. Also ist es deine Pflicht, die anderen 16 Stunden des Tages dafür zu nutzen, genug zu schlafen und genug Freizeit zu haben, um dich zu regenerieren.

 

Leistungsvertrag vs Werksvertrag

 

Wenn aber das fertige ERGEBNIS, bzw. das ZIEL in einem Vertrag definiert wird, dann handelt es sich um einen WERKSVERTRAG und viele verwechseln das. Gerade Frauen denken oft, dass es sich bei ihrer Arbeit um einen Werksvertrag handelt, bei dem sie ein perfektes Ideal erreichen und möglichst auch noch übererfüllen sollen. Auch im Privatleben denken sie, ihre Umwelt erwarte eine perfekte Wohnung, einen perfekten Körper und dass die Frisur perfekt sitzt, bevor sie mit Anerkennung rechnen dürften.

 

Perfektion ist immer ein Mißverständnis und wo Menschen am Werk sind, kann es a priori keine Perfektion geben

 

Im Alltag handelt es sich meistens um Leistungsverträge: Du sollst dir 100 Prozent Mühe geben, dein Bestes,  so wie es deinen Talenten und Fähigkeiten entspricht, dann hast du alles richtig gemacht. Aber nur 8 Stunden lang, nämlich die, die du bezahlt bekommst. In den anderen Stunden sollst du 100% Schlaf kriegen, 100% Spaß haben und 100% sonst was.

 

Du bist, so wie du bist, richtig

 

Manche denken, erst, wenn sie ein IDEAL verkörpern, hätten sie eine Existenzberechtigung. Das ist der größte Bullshit. Wenn du das denkst, bist du drauf und dran, krank zu werden.

 

Das Gefühl,  UNGENÜGEND zu sein, diese Dysbalance, erzeugt auch ein Ungleichgewicht der Streßhormone und wenn der Hormonhaushalt durcheinandergerät, könnten Schilddrüse und Nebennieren dauerhaft geschwächt werden. Das führt in einen Abgrund.

 

Aber die gute Nachricht ist:  Schilddrüsenunterfunktion ist therapierbar und Nebennierenschwäche ist heilbar. Finde eine gute Endokrinologin oder einen guten Endokrinologen und wenn du deine Genesung mit einer Psychotherapie oder einem professionellen Coaching begleiten lassen willst, spricht nichts dagegen.

 

Durchbrich den Teufelskreis: Unterscheide Leistung und Ergebnis

 

Lerne den Unterschied: Wenn es sich wirklich um einen Werksvertrag handelt, dann ist klar definiert, worin das fertige Ergebnis zu bestehen hat und die Deadline, also der Liefertermin. Solange du mitreden kannst, achte darauf, dass die 100 Prozent, also das abzuliefernde Werk realistisch eingeschätzt und vereinbart werden.

 

So macht man das im Arbeitsleben und so solltest du das auch im Privatleben handhaben: Schätze deine Fähigkeiten und Talente individuell ein und miss dich nicht mit anderen, es gibt immer jemanden, der oder die etwas besser kann. Aber die sind jetzt nicht da, sondern du bist da und das ist gut so.

 

Wenn du Auftraggeberin oder Auftraggeber bist, dann verlange nicht zu viel von denen, die deine Aufträge oder Aufgaben erfüllen sollen, überfordere sie nicht. Manche Mitarbeiter müssen enger geführt werden, manche lockerer. 100 Prozent Leistung sind relativ: es liegt tatsächlich im Auge des wohlwollenden Betrachters, was gut und schön ist. Du kannst relative Vollkommenheit tatsächlich selbst definieren oder (mit-)bestimmen, also tu es auch und formuliere deine Erwartungshaltungen realistisch.

 

Sklaverei wurde abgeschafft

 

Wichtig ist, dass Auftraggeber/-in und Auftragnehmer/-in  bei der Aufgabenverteilung oder Vertragsabschluss auch das Selbe Verständnis von den tatächlich vereinbarten 100 Prozent haben. Im Beruf sichert man sich durch ein schriftliches Briefing ab, um Missverständnisse zu vermeiden und weil es im Privatleben äußerst bizarr wäre, einen schriftlichen Vertrag aufzusetzen, ist es gerade zwischen Mann und Frau unabdingbar, sich mündlich manchmal sogar mehrfach zu versichern, ob man die Aufgabenstellung auch wirklich richtig verstanden hat.

 

Das versteht man unter guter Kommunikation. Und dann sollte man auch vertrauen, dass der Aufgabenerüller oder die Aufgabenerüllerin es schon richtig gut machen wird und wenn nicht, wird er oder sie schon rechtzeitig Bescheid sagen, dass es nicht klappt und um Hilfe bitten. Mehr verlangen Areitgeber und Auftraggeber gar nicht. Mehr können sie auch gar nicht verlangen.

 

Auszubildende lernen, nicht jede Überforderung stumm anzunehmen

 

Wenn du den Vertrag oder die Aufgabenstellung nicht selbst mitgestalten kannst, dann ist es deine Pflicht, sofort zu melden, wenn du erkennst, dass die Aufgabe/Leistung nicht in der vorgesehenen Zeit oder mit den vorhandenen Fähigkeiten erledigt werden kann.

 

Manche Ausbilder vergessen, das zu erwähnen - und es ist kein Versagen, wenn du rechtzeitig Bescheid sagst, im Gegenteil: es ist vernünftig, klug und gesunderhaltend, wenn beispielsweise Auszubildende eine Aufgabenstellung ändern wollen, um ein besseres Ergebnis erzielen zu können. Und weil der berühmte Ton die berühmte Musik macht, ist es wichtig zu lernen, solche "Rebriefings" in einem sachlichen, konstruktiven Ton zu formulieren.

 

Spaß gehört zu einem 100%ig guten Leben dazu

 

Die Aufgabe an Perfektionisten und Perfektionistinnen ist es jetzt, in ihr Leben auch Spaß, Entspannung, Freizeit, Kontemplation und Bewegung einzubauen. Sie können lernen, ihr Leben zu genießen, selbst wenn das System in dem wir leben, nicht perfekt ist.

 

Denkst du jetzt: "Ich kann aber nicht, der Tag hat nur 24 Stunden und ich habe zu viele Aufgaben"? Dann musst du dich von einigen Aufgaben trennen. Das ist deine Pflicht, um gesund zu bleiben.

 

Vielleicht nimmst du einige der Aufgaben und deine Unentbehlichkeit dabei auch zu wichtig, das kommt oft vor bei Schilddrüsenfehlfunktionen, siehe oben.

 

Neulich gab es dieses lustige Meme: "Heute habe ich einiges von der To-Do-Liste auf die Was-Solls-Liste gesetzt. Fühle mich gleich viel besser."

 

Hausaufgabe für heute: Loslassen von Unwichtigem und Entspannung, Spaß und Genuss einen höheren Stellenwert zugestehen, damit du gesund bleibst.

Heute habe ich einiges von der To-Do-Liste auf die Was-Solls-Liste gesetzt. Fühle mich gleich viel besser.
Quelle: Facebook Fundstück